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Den Würzburger Juden eng verbunden

Zum 110. Gründungsjubiläum: Buch „Dem Leben dienen“ würdigt Engagement der Ritaschwestern für jüdische Menschen und Einrichtungen.

 Würzburg (POW) Seit 110 Jahren besteht die Kongregation der Ritaschwestern. Dieses Jubiläum hat die Gemeinschaft am Donnerstag, 7. Oktober, im Mutterhaus im Würzburger Stadtteil Sanderau mit der Vorstellung eines besonderen Buchs begangen: Der Historiker Dr. Roland Flade hat im Auftrag der Schwestern erforscht, wie die katholischen Ordensfrauen die Geschichte der Würzburger Jüdinnen und Juden mitgeprägt haben. Mit Ausnahme einer dreieinhalbjährigen, von der Gestapo erzwungenen Pause, arbeiteten Ritaschwestern in Würzburg von 1912 bis 1960 im jüdischen Krankenhaus und den jüdischen Altersheimen. Wie nachhaltig dieses Engagement war, verdeutlicht die Tatsache, dass der in Würzburg geborene israelische Dichter Jehuda Amichai Schwester Elisabeth Wenzel in seinem auch in den USA veröffentlichten Roman „Nicht von jetzt, nicht von hier“ zu einer Figur der Weltliteratur machte.

Generaloberin Schwester Rita-Maria Käß sprach im Festsaal des Mutterhauses vor Ritaschwestern auch aus Bad Königshofen, Luzern und den USA, sowie Freunden der Gemeinschaft davon, dass die 110 Jahre ihres Bestehens für die Ritaschwestern weniger ein Jubiläum, aber durchaus ein Grund zum Innehalten und Feiern seien. Das Jubiläum „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ treffe mit diesem sinnigerweise zusammen. Käß erinnerte daran, dass bereits in der ersten Satzung der Ritaschwestern betont werde: „Wir gehen zu allen Menschen.“ Die Sendung der Gemeinschaft sei es, für die Menschen Gottes Liebe erfahrbar zu machen. „Wir blicken anerkennend, mit Dankbarkeit und Stolz auf die Schwestern, die mit jüdischen Menschen gearbeitet haben“, sagte die Generaloberin. Auch heute brauche es den Widerspruch aller Schwestern, wenn es Rassismus gebe. Das Lebenszeugnis der im Buch beschriebenen Schwestern könne helfen, Vorurteile abzubauen.

In einem „Werkstattbericht“ gab Flade einen Einblick in die Entstehung des von der Ritastiftung Luzern maßgeblich finanzierten Buchs „Dem Leben dienen. Die Ritaschwestern und die Würzburger Juden“. Grundlage sei ein von ihm anlässlich des 100. Jubiläums der Ritaschwestern verfasster Aufsatz gewesen, der die Zusammenarbeit der Gemeinschaft mit Juden thematisierte. Dank des sehr gut geführten Archivs der Ritaschwestern seien die Nachforschungen relativ einfach und die Quellenlage sehr gut gewesen. Als sehr glücklichen Zufall bezeichnete es Flade zudem, dass er bei ergänzenden Forschungen in den USA an dort aufgehobene Briefe, die Bewohner aus den Altersheimen an Verwandte geschrieben hatten, sowie an Fotomaterial gelangt sei.

Flade stellt in dem 150 Seiten umfassenden Buch unter anderem die Lebensgeschichten von Heinrich Klein, Verwalter des jüdischen Krankenhauses, Dr. Robert Sprinz, Arzt im jüdischen Krankenhaus, und Malchem Billigheimer, langjährige Bewohnerin des Pfründnerhauses, ausführlich vor. Er dokumentiert zudem Leben und Wirken von Schwester Elisabeth Wenzel. Durch ihre Arbeit im jüdischen Krankenhaus und den Altenheimen habe es niemanden gegeben, der sich besser mit dem jüdischen Leben ausgekannt habe als sie. „Sie war die letzte Ritaschwester, die 1942 den Dienst in den jüdischen Einrichtungen verließ, und die erste, die nach deren Rückkehr 1945 wieder Juden betreute“, betonte Flade.

Ordensreferent Domkapitular Monsignore Dietrich Seidel sagte, die insgesamt zehn Ritaschwestern, die in den jüdischen Einrichtungen der Stadt tätig waren, hätten durch ihr Wirken umgesetzt, wovon der heilige Augustinus spricht: „Die Sehnsucht Gottes ist der Mensch.“ Er dankte für den Einsatz der Kongregation für ein friedvolles Miteinander der Gesellschaft bis in die Gegenwart. Dr. Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, war am Festtag verhindert. In seinem Grußwort, das verlesen wurde, dankte er der Gemeinschaft der Ritaschwestern für deren „unermüdliches und vielseitiges Engagement“.

Literarisch hat der Schriftsteller Amichai nach Flades Einschätzung den Ritaschwestern, speziell Schwester Elisabeth Wenzel, und ihrem Wirken für die Würzburger Juden mit einem Satz in der zentralen Stelle seines oben erwähnten Romans ein Denkmal gesetzt: „Die Augen der alten Elisabeth blickten mich liebevoll an.“

Das Buch ist im Eigenverlag der Ritaschwestern erschienen, nähere Informationen im Internet unter www.ritaschwestern.de.

mh (POW)