“250-Kilo-Bombe störte die Nachtruhe”, das stand am Montag, 9. März 2020, mit einem ausführlichen Bericht in der Würzburger Main-Post. Die Evakuierung zur Entschärfung des Blindgängers aus dem 2. Weltkrieg hat auch die vier Ritaschwestern im Konvent Himmelspforten betroffen. Schw. Teresa Reulbach berichtet von einer aufregenden Nacht:
Der 6. März war ein ganz normaler Tag. Wir Schwestern im Konvent Himmelspforten freuten uns auf einen ruhigen Abend nach der arbeitsreichen Woche. Um 19:15 Uhr kam der Anruf aus der Rezeption: “Gegenüber, auf dem Gelände der Feuerwehrschule, ist ein Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg gefunden worden; kann sein, dass evakuiert werden muss, vielleicht heute noch”.
Natürlich war der Schreck groß – und die Gewissheit auch, dass wir uns in diesem Fall einfach im Mutterhaus einquartieren können. Um 20:00 Uhr war es dann klar: Die Bombe wird heute noch entschärft. Die Schwestern Jana-Maria und Katharina-Elisabeth überwanden schnell den Schreck, packten das Nötigste zusammen und rüsteten sich zur Abfahrt Richtung Sanderau. Schw. Inge kam kurze Zeit später von einer Veranstaltung in der Pfarrei Hl. Kreuz, schnappte ihren Rucksack mit dem Notwendigsten und verließ mit den beiden anderen das Haus.
Ich selbst war gebeten worden, bei der großen Gruppe zu bleiben, die im Exerzitienhaus zu Gast war. Die ca. 60 Personen und ich wurden gegen 22:00 Uhr mit dem Bus ins Deutschhaus-Gymnasium gebracht, wo sich schon viele Zellerauer versammelt hatten. Die Feuerwehr, die Polizei, der Malteser-Hilfsdienst und das Rote Kreuz hatten in Windeseile alles für die Evakuierten vorbereitet. Jede Person wurde registriert.
Im ersten Stock gab es Liegemöglichkeiten für alte und kranke Menschen. Alle anderen saßen in der großen Aula. Die Stimmung war sehr gelassen. Plötzlich war viel Zeit, sich zu unterhalten, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, Lebensgeschichten zu hören. Viele erinnerten sich an den 75. Gedenktag der Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945. Dass eine scharfe Bombe von damals so lange in der Erde lag und – Gott sei Dank! – all die Jahre nichts passiert ist… Und – Gott sei Dank! – ist so gut für uns gesorgt… Und – Gott sei Dank! – haben wir nicht jede Nacht Bombenalarm wie viele aktuell in Syrien, die nicht wissen, wohin sie gehen sollen…
Es gab auch originelle Erlebnisse. O-Ton eines älteren Zellerauers: “Des wor wos. Mir höm scho gschloffe, do is enner kumme un hot gsocht, ihr müsst naus, ihr müsst evakuiert wer, do is a Bombe. No hommer uns halt ogezoche un sin mit.” So waren alle da, die Einheimischen und die Fremden, eine große Schicksalsgemeinschaft, bestens versorgt vom Roten Kreuz mit Getränken, Kaffee/Tee, Müsliriegeln und frischen Brötchen. Es fehlte an nichts.
Etwa um Mitternacht kam die Nachricht, dass die Evakuierung abgeschlossen sei und die Bombe nun entschärft werden könne. Niemand wusste genau, wie lange das dauern würde, vielleicht nur kurz, vielleicht eine Stunde. Doch es ging länger. Um ca 3:00 Uhr spürte man, dass die Leute sehr müde wurden und des Wartens überdrüssig, doch niemand klagte. Man döste vor sich hin, unterhielt sich weiter, vertrat sich die Beine.
Endlich, kurz vor 4:00 Uhr, kam Bewegung in die Menge. Die Busse waren da und wir konnten zurück nach Himmelspforten. Gegen 4:30 Uhr waren alle wieder im Haus und ich konnte das große Tor schließen. Die ersten Vögel fingen an zu singen. Als ich um 5:00 Uhr todmüde vor meinem Bett stand, um schlafen zu gehen, schellte mein Wecker zum Aufstehen… Zum Glück war Samstag und der Morgen war frei.
Gott sei Dank, dass alles gut gegangen war.